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fluctuating images

Cornelia Lund
Holger Lund


abstract:

Kuratieren / Visual Music & Musikvideo:
fluctuating images (Cornelia Lund)

Vom Verschwinden des Originals (Holger Lund)

Das Verschwinden des Originales in der Kunst
Zu den Collagenbüchern von Max Ernst

Kaum ein Kunstverfahren, Kunstprodukt und Denkmodell hat die Kunst des 20. Jahrhunderts derart bestimmt wie die Collage. Der Beitrag verfolgt die Entwicklung der Collage, vor allem bei den Holzstichcollagen von Max Ernst. Zum ersten Mal in der Geschichte der Kunst werden mit diesen Collagen Werke produziert, welche ausschließlich aus präexistentem Material bestehen und die Selektion sowie die Kombination von präexistentem Material zur ästhetischen Praxis erheben. Nicht zuletzt daraus gewinnt die Collage ihre ästhetische Brisanz.

Bereits die frühen Collagenbücher Répétitions (1922) und Les malheurs des immortels (1922, beide verfertigt zusammen mit Paul Eluard) und mehr noch die drei Collagenromane La femme 100 têtes (1929), Rêve d’une petite fille qui voulut entrer au carmel (1930) und Une semaine de bonté ou Les sept éléments capitaux (1934) betreiben das Verschwinden des Originales in der Kunst. Letzteres wird gleichsam zerrieben in der Statusdifferenz von geklebter und gedruckter Collage. Durch die fotomechanische Reproduktion für den Buchdruck verändert sich die geklebte Collage grundlegend: die unterschiedliche Farbigkeit der collagierten Papiere, ihre Schnittstellen, die Schichtung der Papiere – von all dem ist bei der gedruckten Collage nichts mehr zu sehen. Die Tatsache des Collagiertseins selbst wird damit negiert, so dass Werner Spies zurecht von der Collage als "perfektem Verbrechen" spricht. Was Spies jedoch nicht daran hindert, in seinem Werkverzeichnis dem kunsthistorischen Originalkult zu folgen: abgebildet als Originale werden im Werkverzeichnis nicht die gedruckten Collagen, obwohl nur diese im resultativen Kunstobjekt ‚Buch’ Originalstatus besitzen, sondern die geklebten Collagen, die, bezogen auf die gedruckten Collagen, lediglich Maquettenstatus aufweisen. Der Unikatstatus, den ausschließlich die geklebten Collagen besitzen, dürfte Spies vermutlich zur Aufnahme derselben als Originale ins Werkverzeichnis bewogen haben.

Bleibt die Frage, was die gedruckten Collagen ihrem Status nach wirklich sind. Diese Frage war selbst Max Ernst so unheimlich, dass er zunächst die gedruckten Collagen der frühen Collagenbücher als autographisch, mithin als selbstgefertigte Originalgraphik deklarierte, wohl wissend, dass dem nicht so ist.
Möglicherweise haben auch markt- und absatzstrategische Überlegungen seine Einschätzung befördert. Vielleicht handelt es sich aber bei den Collagenbüchern auch um "multiples without an original", wie Charlotte Stokes es vorschlägt? Oder geht es eher um paradoxe, nicht-unikatäre Originale, die, auf reproduktivem Wege hergestellt, den Originalbegriff sabotieren, indem sie ihn letztlich zum Verschwinden bringen?
Der Beitrag versucht, Antworten zu finden und, ausgehend von Max Ernsts Collagenbüchern, grundlegende Fragen von Original und Reproduktion zu klären.


bio:

Cornelia Lund
Holger Lund


linx:

fluctuating images. contemporary media art
Verein zur Förderung zeitgenössischer Kunst mit neuen Medien e.V.
www.fluctuating-images.de



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