Möglichkeiten des sozioökonomischen und künstlerischen Recyclings
Aus ökonomischer Perspektive bezeichnet der Begriff ‚Recycling‘ grundsätzlich die Rückführung oder Wiederverwendung von Abfallstoffen. Materialien, die zuvor als Abfall angesehen wurden, erhalten dadurch einen neuen Wert. Als künstlerische Praxis kann ‚Recycling‘ dagegen mehrere Vorgänge bedeuten: Ähnlich wie im ökonomischen Prozess findet eine „Werterhaltung“ statt, wenn beispielsweise Schnittreste, die in ihrer ursprünglichen Produktion keinen Gebrauch gefunden haben, in anderen Filmen verwendet werden (1). Daneben kann sozialhistorisch konnotiertes Material in neue Kontexte gestellt werden. Die vorherige Konnotation bleibt erhalten und wird durch eine reflexive Einbettung zum eigentlichen Thema des neuen Films. So geschieht es in vielen Found-Footage-Filmen wie z.B. „Home Stories“, der die Stereotypisierung weiblicher Charaktere in Hollywoodmelodramen thematisiert (2). Stärker inhaltlich motiviert ist dagegen ein Ansatz, wie ihn Alexander Kluge vertritt. Wenn er Geschichtsfragmente in neue Zusammenhänge montiert, geht es ihm weniger um eine formale Reflexion des Entstehungszusammenhangs als vielmehr darum, alternative Abläufe einer festgeschriebenen Geschichte offen zu legen (3).
In einem Vortrag sollen diese Möglichkeiten des Recyclings vorgestellt werden. Ausgehend von ihrer eigenen ethnologischen Feldforschung wird Laura von Bierbrauer zunächst die ökonomische Praxis des Recyclings anhand von Videoaufnahmen über Müllsammler in Buenos Aires vorstellen. Im Anschluss wird Luise Donschen die Prozesse „Werterhalt“, „Überführung in einen neuen Kontext“ und „Erzeugen von anderen Zusammenhängen“ in der künstlerischen Praxis zum ökonomischen Recycling in Beziehung setzen und die sich dadurch eröffnenden Perspektiven anhand ausgewählter Filmausschnitte zur Diskussion stellen.