Michael Brynntrup Im Rahmen von *interfiction high noon*
Herzsofort.Setzung II (autogene Manipulationen)
Herzsofort.Setzung
Den Tastsinn der Netzhaut reizen (um die Gehirnwindungen körperlich spürbar zu machen) Die »Herzsofort.Setzung« ist ein serielles Selbstportrait: 'timebased' (wie das Leben selbst) und (naturgemäß) unvollendet. Seit über 10 Jahren entsteht eine Folge von (Bild-) Generationen; - ein Ende ist nicht absehbar (und auch nicht beabsichtigt). Die »Herzsofort.Setzung« umfaßt einen Zyklus von Bild-Originalen (work in progress), sowie deren Mediatisierung (work in process). Bei dem Projekt verwende ich die verschiedensten medialen Techniken. Die »Herzsofort.Setzung« ist ein Multi-Media-Projekt. Mit der »Herzsofort.Setzung« erforsche ich das Wahrnehmen und das Sinngeben der Medien selbst. Im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit müssen der Sinn und die Sinne immer wieder neu definiert werden. Als Künstler mit Neuen Medien zeitgemäß zu arbeiten, heißt für mich, einen sechsten Sinn zu entwickeln, mit dem es gelingt, die Spiritualität der Medien erlebbar zu machen. Mit der »Herzsofort.Setzung« untersuche ich die Eigendynamik der Technik, um sie für eine Selbst-Besinnung des Menschen nutzbar zu machen. Das Staunen ist verlernt. Die 'Wunder der Natur' sind uns Westlich-Zivilisierten schon deswegen verschlossen, weil sie in unserer alltäglichen, von Technik beherrschten Lebenswirklichkeit aus dem Blickfeld gerückt sind (zumindest an Farbe verloren haben). Aber auch die 'Wunder der Technik' können uns nicht mehr verwundern, im Gegenteil: wir erwarten sie in immer schneller werdender Innovationsabfolge. Technik ist nicht nur eine (zielgerichtete) Fertigkeit und Fähigkeit der Naturbeherrschung, sondern zunächst und substanziell: geformte Materie aus Rohstoffen der Natur, eben als Maschinen und Instrumente. (...und 'naturgemäß' stellt sich die Frage, ob Maschinen und Instrumente intelligent oder gar beseelt sind). Die 'Wunder der Technik' offenbaren sich -meiner Meinung nach- nicht in ihrer Präzision und Kalkulierbarkeit, sondern im Gegenteil in ihrem Zufallspotential und Chaoscharakter. Die (chaotische) 'Eigenleistung' der Technik wird bei den reproduzierenden Medien besonders augenscheinlich: es ist nicht möglich, ein identisches Doppel zu schaffen. Eine Reproduktion besitzt nicht nur den Verweischarakter auf das Original, sondern ist selbst immer wieder ein neues Original (immer mit einem ureigenen Charakter aufgrund der 'Eigenleistung' der Reproduktionstechnik - Mensch / Maschine / Medium / Material). Bei der »Herzsofort.Setzung« habe ich unter den reproduzierenden Medien möglichst 'unmittelbare', direkte Medien (wie Sofortbild, Videoprint, Fotokopie) benutzt, um auf die so erzeugten, technisch-'spontanen' Ergebnisse als Subjekt möglichst sofort, unmittelbar und direkt wieder reagieren zu können. Bei der »Herzsofort.Setzung« nehme ich mir Zeit. Zeit ist eine Dimension des Lebens und der konstante Faktor jeder Reproduktion. Bei der »Herzsofort.Setzung« nehme ich mich selbst als Motiv (als Selbstprotrait und als Beweggrund: ich bewege mich aus mich selbst heraus). Ich bin die Variable -ich thematisiere und mathematisiere mich- in der Gleichung von Kunst und Leben. Ich bin zugleich Subjekt und Objekt meines Interesses: Gegenstand und Standpunkt. Die »Herzsofort.Setzung« ist eine authentische Selbstreflexion des Künstlers und eine autogene Manipulation der künstlerischen Medien. Die »Herzsofort.Setzung« ist der Versuch, das alltägliche, von Technik bestimmte Erleben und Erfahren derart zu sensibilisieren, daß es sich selbst als solches, d.h. als Wahrnehmen und Sinngeben, bewußt wird. Den Tastsinn der Netzhaut reizen, um die Gehirnwindungen körperlich spürbar zu machen. (Dieser Text wurde ursprünglich als Beantwortung einer Anfrage zur 'künstlerischen Standortbestimmung' für KUNSTFONDS e.V./Bonn im August 1993 formuliert, überarbeitet im März 1998 und August 1999) siehe auch: http://www.brynntrup.de/autogen/ URLs: http://www.brynntrup.de/
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Tod des eineiigen Zwillingsbruders bei der Geburt, seither Studium der Philosophie. Der Künstler lebt und arbeitet. |